Kirche im Lagerbuch I

Kirche im Lagerbuch I

 

Im Archiv unserer Kirchengemeinde befinden sich Lagerbücher ab 1503.
Das sind Bücher, in denen die Grundstücke, Gebäude, Inventarien, Geräte, Rechte und Einnahmen der Gemeinde bzw. der „Pfarrei“ verzeichnet sind. Das größte „Lagerbuch“ ist 50 cm hoch und 38 cm breit. Die Aufzeichnungen beginnen etwa um 1850 (ein Exemplar fehlt) und enden im Jahr 1905.


Der erste Teil der „Folie“ hat die Spalten „Laufende Nr.“, „Benennung des Gebäudes“, „Lage“, „Größe“, „Bauart und Beschaffenheit“;  außerdem: „Wie solches benutzt wird“; „Für welche Summe es im Brandkataster versichert ist“; „Wem die Unterhaltung der Gebäude obliegt“ und „Bemerkungen“.


Auf Seite 1 ist in gestochen schöner „deutscher Schrift“ über „Die Kirche“ geschrieben:
„Die Kirche, in der Mitte des Dorfes Ferndorf gelegen, ist vom Kirchhof umgeben, der durch eine Mauer begrenzt wird. Dieselbe hat eine Länge von 104 Fuß inkl. Chor und Thurm und eine Breite von 43 Fuß und ist im romanischen Stil massiv erbaut und mit Schiefer gedeckt. Das Innere der Kirche besteht aus einem Schiff, dem mittleren Raum, dem Chor östlich und dem Thurm (westlich).


Das Schiff enthält 3 Bühnen (heute Emporen genannt). Westlich am Thurm liegt die sogenannte große Bühne, auf welcher sich die Orgel befindet, nördlich vom Thurm liegt die Müsener Bühne und südllich von demselben befindet sich die Loher Bühne. Sämtliche Bühnen sind mit 5 Bankreihen versehen, welche zusammen 838 laufende Fuß Sitzplätze enthalten. Der untere Raum wird von einem Kreuzgang durchschnitten. Im mittleren Theile dieses Raumes befinden sich zu beiden Seiten des Ganges 16 Frauenbänke, hinter diesen stehen nochmals 16 Bänke, die sogenannten Männerbänke, von welchen die vorderen ebenfalls von Frauen, die hinteren jedoch von Männern benutzt werden. Die Kanzel steht am westlichen Ende des Chores, südlich von derselben, am Fuße des Chores der Altartisch, welcher von den Bänken der Katechumenen und Konfirmanden umgeben wird.

 

Im Chor befinden sich zu beiden Seiten des Ganges 11 Bänke, welche für die Jünglinge der Gemeinde bestimmt sind. Sämtliche Einrichtungen sind von Eichenholz gefertigt und mit Lack gestrichen.“
Diese Zeilen geben einen guten Einblick in die Kirche vor dem Umbau 1887 (die „alte Kirche“) und vielleicht auch ein wenig in das damalige gottesdienstliche Gemeindeleben. Es war die Zeit, in der Pastor Wilhelm August Carl Usener, geb. 1815 zu Hohensolms, in Ferndorf wirkte. Pastor Usener, der nicht nur die Erwachsenen, sondern auch alle Ferndorfer Kinder kannte (mündlich überliefert), war von 1839 bis 1846 Hofmeister des später regierenden Fürsten von Berleburg gewesen. 1849 wurde er Gemeindepfarrer des Kirchspiels Ferndorf. Der originelle und beliebte Usener war und blieb ein Freund der Missions- und Erweckungsbewegung. Ab 1852 führte er eine Reihe von Bibel – und Missionsfesten durch. Er starb 1885 in Ferndorf.
Erhard Krämer