Ferndorfer Kindergarten und Kirchengemeinde

Der Ferndorfer Kindergarten und die Femdorfer Kirchengemeinde


Der kommunale Kindergarten in der Femdorfer Straße ("Femdorfer Knirpse") begeht in diesem Jahr (2006) sein fünfzigjähriges Bestehen. Das ist ein guter Anlass, auch an die unterstützende Mitwirkung der Kirchengemeinde zu erinnern.


Als der Gemeinderat der politischen Gemeinde Ferndorf Ende 1953 an das Presbyterium herantrat mit der Bitte um Überlassung zweier Grundstücke von 1813 qm zum Bau eines Kindergartens im Flurstück "Am Hofacker" besaß die Ev.-reformierte Kirchengemeinde Ferndorf bereits zwei Kindergärten: In Buschhütten und in Fellinghausen. Es war noch die alte Kirchspielgemeinde, die später geteilt wurde.


Außer dem Kindergarten sollte das zu erstellende Gebäude noch eine evangelische Gemeindeschwestern Station aufnehmen und auch Sitz der Gemeindeverwaltung sein. Eshandelte sich allerdings um "zwei der wertvollsten Grundstücke aus dem Pfarrfonds". Im Zuge zu der erbetenen Schenkung wurde der Kirchengemeinde "jeder Einfluss auf die personelle Besetzung beider Einrichtungen und deren Verwaltung zugestanden", und zwar "für alle Zeiten". Die politische Gemeinde würde als Eigentümerin die Baukosten und die Finanzierung der Einrichtung übernehmen und die laufenden Kosten tragen. Die Kirchengemeinde erhielt ein Nutzungs- und Belegungsrecht für je eine Wohnung der Kindergartenleiterin und der Gemeindeschwester. Das Presbyterium war sich seiner Verantwortung bewusst, musste jedoch zuvor die Genehmigung der Landeskirche einholen. Diese wurde nach einer Ortsbesichtigung und einem Gespräch mit dem Presbyterium im Juni 1954 erteilt.


In dem Vertrag zwischen der Ev.-reformierten Kirchengemeinde und der politischen Gemeinde Femdorf wurde schließlich u. a. noch vereinbart: "Der Kindergarten soll nach dem Wunsch der Beteiligten einen bewusst evangelischen Charakter tragen. Bei der Erziehung der Kinder sollen christliche Grundsätze, insbesondere auch bei der Gestaltung von Feiern, durch Unterweisung in der biblischen Geschichte, durch Andacht, Gebet und Lieder, zugrunde gelegt werden. Die Kindergärtnerin und die Gemeindeschwester sollen ... auf jeden Fall bewusst evangelische Persönlichkeiten sein. Die Verwaltung ... soll durch ein ... Kuratorium aus einem Kreis evangelischer Männer vorgenommen werden, das mit je drei Personen von der pol. Gemeinde und des Presbyteriums gebildet wird. Der Vorsitzende des Kuratoriums ist der Ortspfarrer von Ferndorf. Diese Regelung soll für alle Zeiten gültig sein und die Arbeit vom Geist gegenseitigen Vertrauens getragen werden zum Segen der Gemeinde." Dieser Vertrag wurde sowohl vom Presbyterium als auch vom Rat der Gemeinde Ferndorf einstimmig beschlossen.


Aus der Kindergartenordnung vom Januar 1956 (als der Kindergarten eröffnet wurde) sei noch der 9. Artikel zitiert: "Jedem Kind sind täglich mitzugeben: vormittags: Frühstück, Taschentuch und Handtuch ..., nachmittags Taschentuch und Handtuch mit Namen." In der Dienstordnung für die Leiterin heißt es ausdrücklich „Züchtigungen der Kinder sind streng verboten."


Der Kindergartenneubau kostete (bis 1956) rund 200.000,- DM. In weiteren Bauabschnitten wurde das Gebäude später erheblich vergrößert. Die Feuerwehr erhielt ein Domizil, es wurden Wohnungen erstellt und Ferndorf bekam eine Postfiliale.


Die Kirchengemeinde konnte die sich aus dem Vertrag ergebenden Rechte weithin nicht wahrnehmen, insbesondere das Nutzungsrecht für die beiden Wohnungen. Zudem ging das Eigentum an die Stadt Kreuztal über und die Kindergartenverwaltungen wurden zentralisiert. Daher bemühte sich das Presbyterium 1993 in Verhandlungen mit der Stadt, den Vertrag im beiderseitigen Einvernehmen bei Zahlung einer Abfindungssumme an die Kirchengemeinde aufzulösen. Die Stadt Kreuztal war einverstanden und leistete der Kirchengemeinde eine angemessene Entschädigung, die der Orgelrenovierung zugute kam. Auch weiterhin wurde durch den Ortspfarrer die jährliche Weihnachtsfeier des Kindergartens im evangelischen Gemeindehaus mitgestaltet und auf diese Weise Evangelium verkündigt. Ein gutes Einvernehmen zwischen Kirchengemeinde und Kindergarten besteht unverändert fort, wenngleich die Erinnerung an die kirchliche Grundstückstiftung inzwischen verblasst ist.


Erhard Krämer